Wann ist der richtige Zeitpunkt für externes Kapital (Hanno Renner)

Wann der richtige Zeitpunkt ist, Kapital aufzunehmen: Ein Gründer erzählt

In meinem letzten Blogpost habe ich die Frage gestellt: Willst du das Investment wirklich? Denn jedes Investment kommt mit dem Preis der Verwässerung.

Wenn du dich entschieden hast, dass ein Investment dein Startup weiterbringen wird, bleibt aber noch eine zweite Frage: Wann willst du das Investment? Wann ist der richtige Zeitpunkt, um Geld von Investoren aufzunehmen?

Wenn du dir nicht genau überlegst, wie viel Geld dein Startup wirklich benötigt, passiert es dir mit hoher Wahrscheinlichkeit bei deiner nächsten Finanzierungsrunde, dass du entweder zu viel oder zu wenig Geld aufnimmst. Und das bringt Probleme mit sich.

Zu frühes Investment: Risiko einer zu hohen Verwässerung

Wir kennen einige Gründerinnen und Gründer, die es bereut haben, früh Investoren aufzunehmen. Denn im Rückblick hätten sie es länger aus eigener Kraft geschafft. Sie wissen inzwischen, welche riesigen Sprünge der Wert ihres Startups macht, wenn sie neue Meilensteine erreichen.

Während der Wert einer Idee praktisch Null ist, schießt er wie eine Rakete nach oben, wenn das Startup ein Team rekrutiert hat, einen Prototypen gebaut hat, ein Produkt herausbringt, Umsätze macht und beginnt, schnell zu wachsen.

Ein Beispiel hierfür ist die unten dargestellte Entwicklung der Unternehmensbewertung von Recon Instruments. Recon Instruments war ein 2007 gegründetes Startup aus Vancouver, das 2015 an Intel verkauft wurde. Die Idee war es, Elektronik mit Sportausrüstung zu kombinieren, etwa in Schwimmbrillen, Skibrillen und Sonnenbrillen mit eingebautem Head-up-Display (HUD). Die Bewertung in den verschiedenen Unternehmensphasen stieg stetig an, nachdem das Startup jeweils neue Meilensteine erreicht hatte.

Bewertung von Recon Instruments über die Zeit

Bewertung von Recon Instruments über die Zeit

Die ersten Investments, die du aufnimmst, sind sehr teuer, da der Wert deines Unternehmens niedrig ist. Du wirst also einen großen Teil deines Unternehmens für relativ wenig Geld abgeben müssen, wenn du früh Investoren aufnimmst. Und wenn du zu früh zu viel Geld aufnimmst, hältst du am Ende vielleicht nur noch einen kleinen Bruchteil deines Unternehmens, wenn es zum Unternehmensverkauf (Exit) kommt. Diese Verwässerung beeinflusst nicht nur deinen finanziellen Ertrag, sondern auch deine Möglichkeiten, das Unternehmen zu steuern.

Zu spätes Investment: Risiko für dein Unternehmen

Die Medaille hat aber auch eine andere Seite. Es ist mindestens genauso gefährlich für dein Unternehmen, wenn du zu wenig Kapital aufnimmst. Denn eine Finanzierungsrunde beansprucht einen beachtlichen Anteil deiner Management-Kapazität.

Gründerinnen und Gründer unterschätzen immer wieder, dass es in der Regel mindestens sechs Monate dauert, eine Finanzierungsrunde vorzubereiten und abzuschließen. Die Zeit, die du für die Suche nach Investoren, deren Ansprache und die Verhandlungen aufwendest, fehlt dir für die Weiterentwicklung deines Produkts, den Aufbau deines Teams oder die Akquise deiner Kunden.

Nimmst du zu wenig Geld auf, musst du gleich nach der Kapitalaufnahme schon wieder mit der Investorensuche für die nächste Runde beginnen – ohne dass du Zeit hast, in der Zwischenzeit an deinem Kerngeschäft zu arbeiten.

Das gefährdet nicht nur dein Unternehmen insgesamt, sondern verhindert auch, dass du in der Zwischenzeit Meilensteine erreichst, die den Wert des Unternehmens steigern und dir bessere Konditionen für die nächste Runde ermöglichen.

Ein Gründer rät: Sammle Kapital erst dann ein, wenn es für dein Unternehmen einen Unterschied macht

Der richtige Zeitpunkt, um Kapital aufzunehmen, ist also keine festgelegte Zahl – etwa: nach einem Jahr – sondern eine strategische Überlegung.

Für mein Buch Startup-Finanzierung habe ich Hanno Renner, Gründer und Geschäftsführer des erfolgreichen HR-Software-Startups Personio, zu seiner Finanzierungsstrategie gefragt. Das 2015 gegründete Startup bietet eine Software für Personalmanagement und Recruiting für kleine und mittelständische Unternehmen. In seiner C-Finanzierungsrunde hat Personio Anfang des Jahres 75 Millionen US-Dollar aufgenommen, unter anderem von dem internationalen VC-Fonds Accel.

Hanno Renner rät Gründerinnen und Gründern:

Hanno Renner, Gründer und Geschäftsführer von Personio

Hanno Renner, Gründer und Geschäftsführer von Personio

„Natürlich haben wir bei unserer Finanzierungssuche davon profitiert, dass unser SaaS-Unternehmen für VC-Fonds gerade sehr attraktiv war. Die Börsengänge von Slack und Zoom zeigen, wie viel Wert in dem Bereich generiert werden kann, und das Geschäftsmodell mit seinen wiederkehrenden, stabilen Umsätzen ist gut planbar. Außerdem sind wir schnell gewachsen: Unsere Umsätze hatten sich jedes Jahr bereits verdrei- oder vierfacht.

Mein Rat an Gründerinnen und Gründer ist dennoch: Sammle Kapital nicht dann ein, wenn du kannst, sondern dann, wenn du damit etwas anders machen kannst.

Zum Beispiel, wenn du dein Wachstum damit noch mehr beschleunigen kannst. Ein halbes Jahr vor unserer Seed-Runde hätte uns mehr Geld gar nichts gebracht: Wir mussten erst einmal unseren eigenen Business Case entwickeln und uns mit dem eigenen Geschäft vertraut machen. Da wollten wir niemanden, der uns reinquatscht.“

Mehr zur Finanzierungsstrategie für Startups

Wenn du noch mehr Insider-Tipps zur Finanzierungsstrategie für dein Startup suchst, findest du in meinem Buch „Startup-Finanzierung“ mehrere ausführliche Kapitel dazu. Unter anderem zu folgenden Themen:

  • Braucht dein Startup wirklich externes Kapital?
    Startup Finanzierung - Buch-Cover
  • Wann der richtige Zeitpunkt für ein Investment ist
  • Wie dein Startup ohne externes Kapital startet und wächst
  • Wie viel dein Startup wert ist

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Was die Höhle der Löwen deinem Startup wirklich bringt (Katharina Mayer)

Was die Höhle der Löwen deinem Startup wirklich bringt: Eine Gründerin erzählt

Heute Abend ist wieder Showtime für Startups: Die 7. Staffel von Die Höhle der Löwen läuft an!

Ich stehe der Show (genauso wie ihrem österreichischen Pendant 2 Minuten, 2 Millionen) etwas zwiegespalten gegenüber. Einerseits finde ich es gut, dass dank ihr inzwischen viel mehr Leute als vorher etwas mit Begriffen wie “Startup” und “Pitch” anfangen können. Und auch Nicht-Gründerinnen und Gründer wissen nun zumindest ansatzweise, was eine “Bewertung” oder gar “Traction” ist.

Andererseits ist natürlich (auch ohne skandalöse Enthüllungsnachrichten) klar: Die Höhle der Löwen spiegelt die Gründerszene in etwa so realistisch wider wie Der Bachelor die Dating-Realität.

Und in der echten Welt bekommst du kein Kapital nach einem 15-minütigen Treffen mit einem Business Angel. Logisch also, dass manche Deals nach der Aufzeichnung in der Due Diligence doch noch platzen. Trotzdem schaue ich gerne zu und habe schon manchem Startup aus meinem Netzwerk die Daumen gedrückt.

Was bringt ein Auftritt in der Höhle der Löwen für ein Startup?

Aus Sicht der Löwinnen und Löwen macht es Sinn, echte Deals vor laufender Kamera abzuschließen. Die enorme Publicity durch die Show wiegt für sie das Risiko mehr als auf, ungeprüft und nur auf Basis des Pitchs in ein Startup-Unternehmen zu investieren.

Aber gilt das auch für Gründerinnen und Gründer auf Finanzierungssuche?

Ich habe diese Frage für mein Buch „Startup-Finanzierung“ einer Gründerin gestellt, die 2018 in der Höhle des Löwen aufgetreten ist und einen Deal mit nach Hause genommen hat.

Wenn dein Produkt ins Fernsehen passt, ist die „Höhle der Löwen“ ein echter Boost für dein Unternehmen

Katharina Mayer ist Gründerin von Kuchentratsch, einem Münchner Startup, in dem echte Omas (und Opas) Kuchen backen und inzwischen deutschlandweit vertreiben.

Als Sozialunternehmen arbeitet Kuchentratsch gewinnorientiert, stellt aber den positiven gesellschaftlichen Einfluss in den Vordergrund: Einen Ort zu schaffen, an dem verschiedene Generationen miteinander im Austausch stehen, voneinander lernen und eine gute Zeit zusammen beim Arbeiten haben.

Katharina Mayer erzählt, wie sich ihr Auftritt bei „Die Höhle der Löwen“ Ende 2018 auf ihr Unternehmen ausgewirkt hat:

Katharina Mayer, Gründerin von Kuchentratsch

Katharina Mayer, Gründerin von Kuchentratsch (Foto: Lara Freiburger)

„Auf die Idee zur Bewerbung bei der Höhle der Löwen sind wir gekommen, weil wir überzeugt waren, dass wir ein spannendes Produkt für die Löwen und die Fernsehzuschauerinnen und Fernsehzuschauer bieten können.

Für den geplanten deutschlandweiten Versand der Kuchen versprachen wir uns einen positiven Marketingeffekt, da die Sendung immerhin von drei Millionen Menschen gesehen wird.

Dass wir in der Sendung tatsächlich ein Investment bekommen würden, darauf hatten wir gar nicht zu hoffen gewagt. Sozialunternehmen sind dort sehr wenig vertreten und hatten in der Vergangenheit nie ein Investment bekommen. Als zwei der Löwen, Carsten Maschmeyer und Dagmar Wöhrl, unser Angebot von 10 Prozent für 100.000 Euro annahmen, war das eine echte Überraschung für uns.

Beworben hatten wir uns einfach über das Online-Formular der Produktionsfirma.

Schon am nächsten Tag wurden wir zurückgerufen und um einen Businessplan sowie ein Vorstellungsvideo gebeten – natürlich will der Sender vorher wissen, ob man überhaupt ‚fernsehtauglich‘ ist. Und nur 10 Tage später hatten wir dann bereits unseren Drehtermin!

Das Format ist immer gleich: Ein Drei-Minuten-Pitch, dann eine bis anderthalb Stunden Diskussion. Alles wird als One-Take gedreht und dann für die Sendung auf zehn bis zwanzig Minuten geschnitten. Bei der Vorbereitung waren wir weitestgehend auf uns alleine gestellt und auch die Investorinnen und Investoren haben wir erst in der ‚Höhle‘ getroffen.

Natürlich habe ich mir im Vorfeld Gedanken gemacht: Was, wenn etwas schiefgeht, wenn der Kuchen runterfällt oder den Löwen nicht schmeckt?

Darum habe ich mir fest vorgenommen: Immer schön lächeln, auf keinen Fall traurig oder enttäuscht gucken – nicht, dass der Sender die Szene schwarzweiß mit trauriger Musik untermalt und es aussieht, als würde ich weinen!

Obwohl in der Sendung schon ein Deal geschlossen wird, kann in den anderthalb Stunden nicht das tiefe Kennenlernen stattfinden, das vor einem Investment sinnvoll ist. Dass die Verträge der Löwen problematisch sein sollen, kann ich nicht bestätigen. Viele Deals platzen im Nachhinein allerdings, weil die Gründerinnen oder Gründer nicht alles erzählt haben oder irgendwo Leichen vergraben haben.

Wir haben in der Sendung die ganze Wahrheit erzählt und beide Löwen zu uns in die Backstube eingeladen, wo sie die Omas kennenlernen konnten. Zwei Monate nach der Aufzeichnung waren wir beim Notar und haben die Beteiligungsverträge unterschrieben.

Katharina Mayer (Kuchentratsch-Gründerin) mit Oma Renate

Katharina Mayer (Kuchentratsch-Gründerin) mit Oma Renate

Zwischen Aufzeichnung und Ausstrahlung lagen sechs Monate, die wir intensiv zur Vorbereitung des erwarteten Ansturms genutzt haben.

Wir haben mit anderen Höhle der Löwen-Startups gesprochen und versucht, deren Learnings umzusetzen: Eine stabile und professionelle Website aufzubauen, Aufgaben im Team zu verteilen, Kuchen vorzuproduzieren – und einfach nicht unterzutauchen. Die Omas hatten wir schon vorab ins Boot geholt, indem wir mit ihnen über die Vorteile der Sendung gesprochen und ihnen die Investoren bei ihrem Besuch später auch persönlich vorgestellt haben.

Durch die gute Vorbereitung konnten wir die erwartete große Resonanz auf die Ausstrahlung gut abfangen. Während der Sendung, die rund drei Millionen Menschen sehen, waren gleichzeitig 50.000 Besucher auf der Website. In den ersten 24 Stunden bekamen wir 400.000 Klicks, 4.000 Emails und zahlreiche Bestellungen. Allein 2018 waren wir 200 Mal in der Presse – das war schon ein gutes Stück Arbeit.

Der Auftritt in Die Höhle der Löwen hat sich für uns definitiv langfristig gelohnt.

Mit dem Investment konnten wir den Relaunch unserer Website und das Neudesign unserer Verpackung sowie eine große Gastro-Spülmaschine finanzieren. Heute haben wir etwa 30 Prozent mehr Bestellungen, als wir es ohne die Sendung gehabt hätten.

Zu mir als Gründerin und zu unserem Produkt hat das Format und das Investment insgesamt sehr gut gepasst – ob das auf das eigene Startup zutrifft, muss allerdings jede Gründerin und jeder Gründer für sich selbst entscheiden.“

– Katharina Mayer, Gründerin von Kuchentratsch

Mehr von erfolgreichen Startup-Gründerinnen und Gründern

Wenn du mehr Stories von erfolgreichen Gründerinnen und Gründern lesen möchtest, findest du über 70 davon in meinem Buch „Startup-Finanzierung“. Unter anderem:
Startup Finanzierung - Buch-Cover

  • André Schwämmlein (Flixbus) – „So haben wir mit Flixbus den neu entstehenden Fernbusmarkt erobert“
  • Bastian Nominacher (Celonis) – „Ohne Disziplin verlierst du dein strategisches Ziel aus den Augen“
  • Maria Sievert (inveox) – „Für eine langfristige Zusammenarbeit müssen die Konditionen des Deals stimmen – und zwar für alle Parteien“

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Fotocredit (Titelbild und Artikelbild): Kuchentratsch (www.kuchentratsch.com)

Was passiert, wenn dein Crowdfunding-Versprechen platzt (Marvin Musialek)

Was passiert, wenn dein Crowdfunding-Versprechen platzt

Beim Launch meines Buchs „Startup-Finanzierung“ lief einiges anders als geplant.

Die Hardcover-Edition war zunächst nicht lieferbar, dann doch – dann wieder nicht… Die Kindle-Edition war zwar von Anfang an verfügbar, dafür gab es mit dem Rabatt Schwierigkeiten. Und das alles, nachdem ich bereits in meinem gesamten Netzwerk groß verkündet hatte, dass mein Buch endlich bestellbar wäre! 🙈

Ärgerlich, aber andererseits auch kein Weltuntergang. Inzwischen sollte jeder seine Wunschausgabe von „Startup-Finanzierung“ bekommen haben (wenn nicht, schaut auf Amazon vorbei!).

Dennoch war ich in diesen Momenten froh, dass sich eine Buch-Veröffentlichung in einigen Punkten deutlich von einer Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter unterscheidet.

Crowdfunding: Fluch und Segen der starken Aufmerksamkeit

Das Potenzial einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne ist zwar enorm, wie es Spyra im Sommer 2018 mit seiner Hightech-Wasserpistole auf Kickstarter vorgemacht hat. Vom Marketing dieses Startups, in das ich auch investiert bin, habe ich mir einiges abschauen können.

Bei den Interviews zu meinem Buch habe ich aber auch gelernt, dass anfängliche Begeisterung und Medienaufmerksamkeit für ein Produkt übel zurückschlagen können. Das ist einem Gründer passiert, den ich für „Startup-Finanzierung“ interviewt habe.

Tod durch Kickstarter: Das Beispiel Amabrush

Im Sommer 2017 sammelte das österreichische Startup Amabrush mit einer automatischen Zahnbürste, die alle Zähne auf einmal in nur zehn Sekunden putzt, auf Kickstarter und Indiegogo über 4,6 Millionen Euro ein. Als sich die Auslieferung verzögerte, schlug die anfängliche Begeisterung – hauptsächlich in Deutschland und Österreich – in einen Shitstorm um.

Die öffentliche Kritik strahlte bis in die Medien aus. Dies beunruhigte die internationalen Investoren des Startups so sehr, dass sie die zu diesem Zeitpunkt geplante Finanzierungsrunde absagten. Im Juni 2019 sah sich Amabrush schließlich gezwungen, Insolvenz anzumelden.

Noch heute kämpfen die Gründer mit den Folgen des Auslieferungs-Fails (wie der Brutkasten vor einigen Tagen berichtete).

„Der öffentliche Druck war enorm, während wir an allen Fronten kämpften, um unser Produkt auszuliefern“

Im Interview für „Startup-Finanzierung“ hat mir Amabrush-Gründer Marvin Musialek nach der Insolvenz des Startups erläutert, wie er die Zeit nach dem extremen unerwarteten Erfolg der Kampagne erlebte.

Er berichtet:

Marvin Musialek, Gründer von Amabrush

Marvin Musialek, Gründer von Amabrush

Die schiere Menge von Vorbestellungen, ungefähr 40.000 Sets, übertraf nicht nur unsere Erwartungen bei weitem, sondern auch die unserer geplanten Entwicklungs- und Produktionspartner – die uns prompt absagten. Nun mussten wir unter hohem Zeitdruck die Entwicklung neu organisieren und uns neue Lieferanten suchen.

Als wir die Produktion dann mit einem Jahr Verspätung im August 2018 endlich starten konnten, gab es erneut Probleme.

Jedes Mal, wenn wir die Stückzahlen steigerten, gab es neue Qualitätsprobleme.

Unter dem Druck der Unterstützerinnen und Unterstützer hatten wir aber bereits begonnen, die von unserem Hersteller freigegebenen Amabrush-Sets auszuliefern, die sich im Nachhinein als teilweise defekt herausstellten.

Die Folge waren viele Beschwerden von wütenden Unterstützerinnen und Unterstützern, die ihrem Unmut natürlich auch öffentlich Luft machten:

Kritischer Kommentar zu Amabrush auf Kickstarter

Kritischer Kommentar zu Amabrush auf Kickstarter

Die nächsten fünf Monate arbeiteten wir hart daran, diese erneuten Qualitätsprobleme auszumerzen, unter anderem mit einem erneuten Lieferantenwechsel. Seit Februar 2019 lief es gut und die Beschwerden gingen stark zurück. Aber immer noch posteten Leute wütende Kommentare auf unseren Kanälen.

Das war kein gutes Gefühl, auch wenn wir wussten, dass es nur etwa 30-40 Leute von 30.000 waren, die dort gegen uns mobil machten. Wenn wir die Kommentarseiten lasen, fühlte es sich manchmal so an, als ob alle Unterstützer gleich denken würden!

Wir waren keine Profis im Community Management und wussten einfach nicht, wie wir mit unzufriedenen Unterstützern umgehen sollten.

Jedes Update, jede Email an Einzelne wurde sofort veröffentlicht. Wir haben schließlich nur noch schwammige Aussagen gemacht oder uns gar nicht mehr geäußert, da wir das Gefühl hatten, es würde sowieso alles gegen uns verwendet.

So ist es uns leider – trotz zuletzt professioneller Unterstützung in der Kommunikation – auch nicht gelungen, zu vermitteln, dass wir kein gesichtsloser Konzern, sondern ein junges Startup sind, in dem die Leute bis spät in die Nacht arbeiten, um das Produkt auszuliefern.

Für mich war diese Zeit auch persönlich sehr stressig, denn ich habe mich natürlich für mein Team verantwortlich gefühlt, das an allen Fronten kämpfte.“

– Marvin Musialek, Gründer von Amabrush

Mehr zu Crowdfunding für dein Startup

Du möchtest mehr darüber erfahren, ob Crowdfunding für dein Startup das Richtige sein könntest und wie du eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne durchführst? In meinem Buch „Startup-Finanzierung“ findest du ein ausführliches Kapitel dazu, unter anderem mit folgenden Themen:
Startup Finanzierung - Buch-Cover

  • Was ist Crowdfunding und welche Arten von Crowdfunding gibt es?
  • Was sind die Voraussetzungen, Vorteile und Nachteile von Crowdfunding?
  • Was ist Eigenkapitalbasiertes Crowdfunding (Crowdinvesting)?
  • Was ist Kreditbasiertes Crowdfunding (Crowdlending)?
  • Was ist Crowdfunding über Initial Coin Offerings (ICOs)?

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Diese Gründer haben trotz Risiko Investoren gefunden

Investoren finden trotz Risiko? So schafften es diese Startup-Gründer

„Deine Geschäftsidee ist genial – aber das Risiko ist zu hoch.“

Hast du schon einmal eine solche Absage von Investoren bekommen?

Investoren interessieren sich nicht für Ideen – sie bewerten Risiken

Risiken gibt es in der Startup-Welt wahrlich genug:

  • Marktrisiko: Kunden kaufen lieber bei der Konkurrenz. Oder niemand braucht dein Produkt, weil es kein Problem löst.
  • Technisches Risiko: Dein Produkt funktioniert nicht. Oder es ist einfach viel zu teuer.
  • Teamrisiko: Dein Team schafft es nicht, deine Geschäftsidee (schnell genug) in die Tat umzusetzen.

Jedes dieser Risiken kann dazu führen, dass dein Startup scheitert und dein Investor sein gesamtes Geld verliert. Und deswegen schaut er oder sie sich diese Risiken sehr, sehr genau an.

Für unser Buch haben wir erfolgreiche Gründerinnen und Gründer gefragt: Wie habt ihr es geschafft, das Risiko eurer Geschäftsidee soweit zu senken, dass Investoren bereit waren, in euer Startup zu investieren?

So haben es diese Gründer geschafft, Risiken zu senken und Investoren zu finden

1. Marktrisiko

Von der Konkurrenz ausgestochen zu werden ist einer der häufigsten Gründe für das Scheitern eines Startups. Noch bevor es überhaupt zur Investorensuche kam, hatten die Gründer von FlixBus selbst große Bedenken, dass das Marktrisiko zu hoch sein könnte. Gründer und CEO André Schwämmlein erläutert:

André Schwämmlein, CEO und Gründer von FlixMobility

André Schwämmlein, CEO und Gründer von FlixMobility

„Wir hatten im Gründerteam schon 2009 den bald liberalisierten Fernbusmarkt als äußerst attraktiv identifiziert. Dann haben wir das Projekt aber doch beiseitegelegt, weil wir davon ausgingen, dass die Deutsche Bahn den durch die Liberalisierung neu entstehenden Markt dominieren wird. In 2011 äußerte sich aber ein Bahnvorstand in einem Interview, dass die DB nicht an den Markt glaubt und kein neues Angebot aufbauen wird. Erst dann sind wir mit voller Kraft durchgestartet.“

– André Schwämmlein, Gründer und CEO von FlixMobility

Die Story ging bekanntermaßen gut aus: FlixMobility ist heute Marktführer in Europa und zählt als Unicorn zu den größten Startup-Erfolgsgeschichten Deutschlands.

Was passiert, wenn ein Produkt nicht funktioniert, hat Freya Oehle von Spottster erlebt. Die Preisplattform benachrichtigte Nutzer, sobald ein vorgemerktes Produkt günstiger zu bekommen war. Das Startup schrieb dank viel positiver PR und Fernsehauftritten bei DHDL und Galileo eigentlich schwarze Zahlen. Aber:

Freya Oehle, ehem. Gründerin und Geschäftsführerin von Spottster

Freya Oehle, ehem. Gründerin und Geschäftsführerin von Spottster

„Unser B2B-Geschäft ist am Markt nie richtig ins Laufen gekommen. Bei den großen Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiteten, wurden wir von Abteilung zu Abteilung durchgereicht. Es dauerte oft fünf bis sechs Iterationen, bis die Kunden verstanden hatten, was wir eigentlich wollten. Nach 24 Monaten intensiver Arbeit mit zwei Pilotkunden hatten wir erst zwei Testkampagnen starten können, die zudem so vorsichtig und klein angelegt waren, dass die Ergebnisse praktisch wertlos waren. Bei diesem Tempo hätten wir noch zwei Jahre auf Sparflamme weiterarbeiten müssen, bis wir wirklich erfolgreich gewesen wären.“

– Freya Oehle, ehem. Gründerin und Geschäftsführerin von Spottster

2017 entschlossen sich Freya und Tobias freiwillig, ihr Unternehmen aufzugeben. Heute sind sie erfolgreich mit dem Softwareentwicklungs-Startup 3tausendsassa am Markt.

2. Technisches Risiko

Auch wenn es eine Marktchance gibt, könnten dich technische Herausforderungen daran hindern, diese Chance zu ergreifen. Verbraucher und die Industrie wünschen sich beispielsweise schon lange effizientere Lösungen für Energiespeichertechnologien – aber es ist ein langer und steiniger Weg von den ersten Ergebnissen im Labor bis zur marktreifen Anwendung. Und so ist es nicht leicht, Investoren zu finden, die dieses Risiko in Kauf nehmen.

Wie es gelingen kann, Investoren davon zu überzeugen, das Risiko einzugehen, erzählt Michael Peither vom Münchner Startup VoltStorage:

Michael Peither, Gründer und CTO von VoltStorage

Michael Peither, Gründer und CTO von VoltStorage

„Unser potenzieller Investor war sehr erfahren im Energiesektor und stellte zahllose Fragen zu unserer Technologie. Wir mussten nicht nur zeigen, dass wir beim Thema Batterien sattelfest waren, sondern wir mussten den Fonds auch davon überzeugen, das wir das Gesamtkonzept wirklich umsetzen konnten. Immerhin ging es hier um so unterschiedliche und komplexe Bereiche wie Rohstoffe und Chemie, Elektronik, Hardware-Entwicklung, IT – und wir waren im Endeffekt immer noch nur drei Studenten mit einer rudimentären Prototypen-Batterie und einer Powerpoint-Präsentation. Die Due Diligence war also extrem hart, aber wir haben den Fonds schließlich überzeugt.

Allen Tech-Startups würde ich raten: Sucht euch jemanden mit gutem Standing in der Branche, der eure Technologie und eure Geschäftsidee extern validiert – das überzeugt auch andere, an euch zu glauben. Gerade wenn ihr noch nicht so viel vorzuweisen habt, ist ein fachlich und persönlich überzeugendes Auftreten entscheidend. Auch das gibt euch die Glaubwürdigkeit, die Investoren für ihre Entscheidung brauchen.“

– Michael Peither, Gründer und CTO von VoltStorage

3. Teamrisiko

Das Teamrisiko besteht … aus dir! Es ist das Risiko, dass du und dein Team nicht die Fähigkeiten oder die Erfahrung haben, die bestehende Marktchance voll auszunutzen. Vielleicht überrascht es dich, aber: Selbst bei Startups, die ein hohes Marktrisiko und/oder ein hohes technisches Risiko mit sich bringen, sehen viele Investoren das Team als größten Risikofaktor an. Denn wenn du und dein Team nicht die erforderlichen Fähigkeiten habt, um das Vorhaben erfolgreich umzusetzen, werdet ihr in der Entwicklungs- oder Vertriebsphase scheitern. Oder die Konkurrenz überholt dich, weil sie die Marktchance besser und schneller nutzt.

Das bedeutet aber nicht, dass du bereits erfahrener Seriengründer sein musst, um einen Investor zu finden, der in dich und dein Team investiert. Wie du es schaffst, selbst als Student ein Raketenunternehmen (buchstäblich!) zu gründen und zu finanzieren, erklärt Daniel Metzler von Isar Aerospace:

Daniel Metzler, Mitgründer von Isar Aerospace

Daniel Metzler, Mitgründer von Isar Aerospace

„Dass es uns gelungen ist, praktisch noch als Studenten-Projekt erst das Vertrauen der Kunden und dann auch das der Investoren zu gewinnen und eine einstellige Millionensumme einzuwerben, lag meiner Einschätzung nach vor allem daran, dass wir bereits intensive Praxiserfahrungen aus dem Projekt vorweisen konnten. Dort arbeiten seit etwa fünf Jahren regelmäßig 40 Studierende an der Entwicklung von Höhenforschungsraketen, die dann auch gelauncht werden – es sind also bereits eine Menge Personenjahre in die Entwicklung geflossen!“

– Daniel Metzler, Mitgründer von Isar Aerospace

Welches Risiko ist für dein Startup am größten?

Hat ein Investor dein Startup schon mal wegen eines hohen Risikos kritisiert? Wir wollen deine Erfahrungen hören. Teile sie mit uns in den Kommentaren!Startup Finanzierung - Buch-Cover

Wenn dich die Erfahrungen anderer Gründerinnen und Gründer interessieren, schau dir unbedingt unser Buch an: Hier erzählen wir die ausführlichen Stories von Freya Oehle, André Schwämmlein, Michael Peither, Daniel Metzler und mehr als 35 anderen Startup-Gründern!

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