3 Tipps, wie du eine Intro zu einem Investor bekommst (Martin Giese)

3 Tipps, wie du eine Intro zu einem Investor bekommst

Der vielleicht wichtigste Teil meines Jobs als XPRENEURS-Leiter ist es, Startups mit Investorinnen und Investoren (oder anderen hilfreichen Kontakten) zu vernetzen – also im Startup-Jargon: „Intros“ (kurz für „Introductions“) zu machen.

Ich mache das gerne, weil ich weiß, wie wichtig es für Startups ist, vorgestellt zu werden. Denn ohne jemanden, der für das Startup bürgt, besteht ein hohes Risiko, dass die Anfrage unbeantwortet bleibt. Dabei ist es egal, wie gut der Kontakt inhaltlich passt!

Warum Investoren es bevorzugen, wenn Startups ihnen vorgestellt werden

Investorinnen und Investoren haben grundsätzlich wenig Zeit, aber viele Angebote. Ihnen werden so viele Geschäftschancen vorgestellt, dass sie kaum Zeit haben, sie zu beurteilen. Sie löschen deine Email deshalb vielleicht nicht gleich, aber verbringen im Schnitt nur etwa 10 Sekunden mit ihr. 10 Sekunden!

Von den Tausenden Gründerinnen und Gründern, die jedes Jahr an ihre Tür klopfen, investieren sie vielleicht in 1-5. Weil sie mit diesen ausgewählten Gründerinnen und Gründern eine Menge Zeit verbringen werden, müssen sie am Anfang des Prozesses Prioritäten setzen – das ist wie beim Sales Funnel eines Unternehmens.

Selbst wenn sie wollten, könnten sie sich nicht mit jedem treffen, der sie anspricht. Deswegen müssen sie zu vielen Anfragen „Nein“ sagen.

Wie ein Intro deine Chancen auf einen erfolgreichen Investorenkontakt ändert

Wenn du mit einer Investorin oder einem Investor in Kontakt treten willst, musst du unbedingt durch einen gemeinsamen Kontakt vorgestellt werden, der für dich bürgen kann. Dieser Kontakt muss die Person gut genug kennen, dass sein Wort bei ihr zählt.

Der gemeinsame Kontakt, der dich vorstellt, sagt: „Ich vertraue ihnen, übernimm du den Rest.“

Das ist im Geschäftsleben allgemein üblich: Dein gemeinsamer Kontakt baut Vertrauen auf. Dieses Vertrauen brauchst du, damit dich die Investorin oder der Investor ernst nimmt.

Wie sieht so ein Intro aus?

Erst vor ein paar Tagen habe ich ein Startup aus meinem Netzwerk einem Kontakt von mir vorgestellt. Zuvor hatte ich bereits mit der Zielperson über das Startup gesprochen. Ich habe deshalb dem Gründer geschrieben und den Kontakt in CC gesetzt:

„Hallo xxx,

ich möchte Dich gerne mit A. ([Link auf LinkedIn-Profil]) bekannt machen. A. ist seit vielen Jahren als COO großer Anwaltskanzleien aktiv und betreut dabei auch LegalTech und Innovationsthemen. Er wäre neugierig, mehr über Euch und [Euer Startup] zu erfahren und ich bin zuversichtlich, dass er Euch Tipps geben kann, Euer Produkt an die Bedürfnisse von Großkanzleien anzupassen.

Beste Grüße,
Martin“

Üblicher ist es, dass ich ein Startup einem Investor/Mentor (oder einer Investorin/Mentorin) vorstelle. Das kann dann so aussehen:

„Lieber H.,

ich hoffe, es geht Dir gut. Nochmals meinen herzlichen Dank für Deine Companion-Rolle im letzten XPRENEURS-Batch.

Ich möchte Dich gerne mit T. bekannt machen. T. ist eine sehr aktive Münchner Gründerin, die ich vor 3 Jahren in ihrer Rolle als xxx kennengelernt habe. Sie sucht gerade nach passenden Business Angels aus dem Bereich Personal und Organisationsentwicklung für die Seed-Finanzierung ihres B2B- SaaS-Startups.

[T.s Startup] entwickelt eine Community-Plattform für professionelles Mentoring und Wissenstransfer im Büro. Sie wurden soeben zu den #TOP10 Start-ups auf der [Fachmesse] nominiert und erfreuen sich seit Beginn der Remote Work-Welle über verstärktes Interesse von Unternehmen wie Telekom, Infineon, Capgemini oder Linde. Ihre Vision ist es, das “Slack nach dem Slack” zu werden und vollkommen neue, zukunftsträchtige Formen der agilen Zusammenarbeit zu ermöglichen (“people collaboration” statt “process collaboration”). Ihre Matchmaking App fürs Büro setzt dabei auf voll automatisiertes Engagement und Skill-basierte Vernetzung der Mitarbeiter. Das wird die Basis einer jeden Netzwerkorganisation in der Zukunft und vielleicht das nächste Personio.

Bist Du interessiert, sie kennenzulernen? Anbei ihr Pitch Deck und ein kurzes Video [Link zu YouTube].

Beste Grüße,
Martin“

Meine 3 Tipps, wie du an eine Intro zu einem Investor kommst

Ich habe drei Tipps für Startup-Gründerinnen und Gründer, die eine Intro zu einer Investorin oder einem Investor suchen:

  1. Derjenige, der dich einer Investorin oder einem Investor vorstellt, sollte voll und ganz an dein Unternehmen glauben. Nur dann wird er eine überzeugende Empfehlung abgeben – oder sich überhaupt dazu bewegen lassen, der Empfängerin oder dem Empfänger gegenüber mit seinem guten Namen dafür zu bürgen, dass es sich lohnt, sich mit deinem Thema zu beschäftigen.
  2. Dränge deshalb niemanden, derartige Intros für dich zu machen. Wenn du ein Zögern spürst, suche das Feedback der Person: „Was müsste ich noch tun, um aus deiner Sicht reif für einen Kontakt mit X zu sein?“
  3. Wenn du erfolgreich vorgestellt wurdest, behandle auch den neuen Kontakt mit äußerster Professionalität. Schließlich repräsentierst du nicht nur dich selbst, sondern auch deine Empfehlerin oder deinen Empfehler.

Ein Tipp zum Schluss

Apropos Empfehlerin und Empfehler: Auch diese Person freut sich zu hören, wenn ihre Empfehlungen Wirkung hatten. Vergiss daher nicht, dich zu bedanken und sie auf dem Laufenden zu halten, wenn sich aus dem Intro etwas Spannendes ergibt. So hältst du den wichtigen Kreislauf aus Intros in Schwung.

So habe ich auf die beiden obigen Intros folgendes Feedback bekommen:

„Danke Martin. Der Austauch war sehr fruchtend. A. hat wertvolle Einblicke in das, was wir machen; sowohl den Markt, als auch Anwendungsfälle.“

Eine andere Gründerin schrieb mir:

„Lieber Martin,

ich hoffe, Dir gehts gut, alle Deine Projekte laufen und Du kannst trotzdem einige Sonnentage im August genießen.

Schreibe Dir nur um mich für den Kontakt zu H. zu bedanken.

Wirklich sehr wertvoll 🙌 Merci!“

Mehr Tipps, wie du Investorinnen und Investoren kontaktierst

Kontakt zu Investorinnen und Investoren aufzubauen, ist eine Wissenschaft für sich. Deshalb findest du in meinem Buch „Startup-Finanzierung“ ein ausführliches Kapitel dazu, unter anderem mit folgenden Themen:
Startup Finanzierung - Buch-Cover

  • Warum du keinen (langen) Businessplan schreiben solltest
  • Wie du das Vertrauen von Investorinnen und Investoren gewinnst
  • Wie du betrügerische Vermittlungsangebote vermeidest
  • Nach welchen Kriterien du Investoren aussuchen solltest, die du kontaktierst
  • Wie eine gute Email an Investoren aussieht

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Startup Financing in Times of Corona

In March, when corona suddenly turned from a distant curiosity to the historical crisis that turned the whole world upside down, we had just finished the first two weeks of our XPRENEURS program with the startups of the current batch.

A moment ago, we had been sitting together in a mountain hut, drinking beer and looking forward to intensive 3 months together. And now we were forced to close our office at Munich’s Ostbahnhof and move our startup accelerator into the virtual world.

Even though digital working is not foreign to us, 100% home office is a completely new experience for us and the startups. We have tried to adapt as quickly as possible, and we are now getting on quite well. In the meantime, I’m glad that getting to know each other personally had still been possible. Because that’s what the program lacks the most: the opportunity for uncomplicated exchange. To pass on experience and knowledge in the coffee kitchen, at lunch or over a beer after work. And simply to have fun with like-minded people.

Beyond the Accelerator, however, I am often asked with a worried undertone: How are startups doing in the corona crisis?

How does the corona crisis affect startups?

Startup-Finanzierung in Zeiten von Corona

In an online panel hosted by The Mentoring Club on July 31st, four and a half months into the crisis, I discussed the effects of corona on startups with an international panel of experts. The discussion confirmed two key insights I already mentioned in an earlier version of this post:

  • The corona crisis affects every startup. I don’t know of any startup team that is currently not spending a significant amount of its time dealing with the crisis and its consequences both inside and outside the company.
  • But: The corona crisis does not affect every startup in the same way.

Factor 1: The startup industry

Decisive for the effects of the corona crisis on the startup is primarily the startup industry. Tourism, event and travel startups now find it much more difficult than before.

Other startups are seizing new opportunities: KINEXON, for example, has developed an application for its sensor technology to effectively implement social distancing within companies. And Custom Surgical has paused their core business to increase brand awareness with a 3D-printable face mask that has been downloaded more than 10,000 times – boosting sales and investor requests as a secondary effect.

In my German blog, I have presented another number of other startups whose solutions have particularly impressed me.

Factor 2: Business models for the time after the crisis

And there are also new opportunities for the time after the crisis, because I am pretty sure that the world will not look the same as before. Take the example of home office: I am sure that this form of work will remain much more widespread than before. And that has implications for the type and extent of mobility and the use of commercial property.

The digitalization of business processes has also received a boost. Startups can take advantage of these opportunities.

Factor 3: Customer availability

At XPRENEURS, I notice that B2B startups in particular are struggling with another challenge in their search for customers: finding the already difficult to convince pilot customer. At present, most companies are very reluctant to make decisions. Who knows how things will look in a few weeks or months? In crisis mode, unfortunately, companies are more likely to pull out red pencils than to sign investments in long-term innovation.

But practical problems in customer acquisition are also emerging. A startup suddenly could not continue talks that had been started: The contact person was on short-time work or in the home office and the fixed-line number of the contact person could no longer be reached.

Factor 4: Implementation of virtual collaboration

Even before the crisis, startups were at the forefront of virtual collaboration. The fact that digital tools and video conferencing can be efficient and save (travel) costs is something that most companies are only now realising – including us at XPRENEURS.

Sure, we know the tools from our startups. But only now have we really seen what is possible. For example, virtual breakfasts and after-work rounds. Or community events such as Powerpoint karaoke and Monday painting sessions. Not quite the same as an exchange over coffee in the office, but definitely not a bad substitute!

Also, as Petra Chequer, Managing Director of the Alliance of Chief Executives, stressed in the Mentorship Club discussion, virtual collaboration opens up chances for startups that are not usually in the geographical focus of startup institutions. In her words: In a Zoom meeting, it really does not matter whether the startup being interviewed for an accelerator or investor hails from Africa or Asia!

Startup financing in the corona crisis

Startup-Finanzierung in Zeiten von Corona

What effects does the corona crisis have on startups looking for an investment or needing financing? I am also currently experiencing this first-hand at XPRENEURS with our startups.

In general, it has suddenly become more difficult to get money for several reasons:

  • Most VC funds are holding their money together during the crisis. They prefer to use their funds to help their existing startup portfolio through the crisis.  Although they do not proclaim it offensively, anyone who asks VC funds for money these days has pretty bad cards. This also applies to international VC funds. Michael Meirer, former CEO of German Accelerator, confirmed in the Mentorship Club discussion that in Silicon Valley, especially early-stage startups struggle to find investors that are willing to take the high risks during the crisis.
  • Of the billions of euros in state support announced, nothing has yet reached the startups. Unlike other small businesses, they fall off the grid for normal emergency aid because they cannot show positive balance sheets for the last few years. It is therefore still unclear how the aid is to be allocated. Concrete ideas for support are only available for startups that are currently in the process of an investment round: Here the state fills the gap with co-investments, which I personally think is a good solution.
  • Many business angels are unsettled by the corona crisis or have even lost money as a result. These business angels also prefer to keep their money together at present.

However, there are also rays of hope:

  • Startups with strong ideas, business models and teams will manage to convince investors of themselves even in these times. Those who even use the corona crisis to develop new ideas could even profit from the crisis.
  • Some investors have cash available right now through crisis sales that they want to invest. I know of a few business angels who quickly saved their money from the stock market at the beginning of the corona crisis. Before the money goes to their current account, they are looking for other investments – for example startups.
  • The very big financial framework conditions have not changed as a result of the corona crisis. There are still a relatively large number of investors who are looking for other sources of return in a zero-interest world and find them in promising startups.

My conclusion on the situation of startups in the corona crisis

My forecast for the situation of startups in the corona crisis and afterwards is therefore differentiated. Some startups that would have made it without corona will fall by the wayside undeservedly. But many startups will be helped by their high adaptability to get through the crisis. I would advise every startup team to be resilient. Keep trying, even if times are more difficult.

This includes taking care of your team first and foremost. As Oliver Trinchera from KINEXON stresses: The corona crisis is deeply stressful for your team members, who worry about their health and job safety. As a founder, focus on giving people confidence by showing human concern. Try to give them a purpose and mission especially now to boost motivation and keep the team together despite social distancing and home office.

Startups should also intensify what they should be doing even in the best of times: Be curious and learn about your counterpart when you are contacting investors for financing. If you are getting three rejections in a row, ask why! Try to learn if it is your business model (then change it!) or, maybe, the lost liquidity of the angel due to the crisis (then keep looking!).

The corona crisis is a time of radical change. And these always bring with them opportunities – keyword “creative destruction”. Those who have a strong project will survive. Who knows – maybe the DAX companies in 2030 will be the winning startups in today’s crisis?

Crisis-proof information for startups looking for financing

Crisis or no crisis: the rules of startup financing remain the same. And you’ll find them in my book „Startup-Finanzierung“ (in German).Startup Finanzierung - Buch-Cover

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Warum du Investoren VOR dem Crowdfunding suchen solltest (Teja Philipp)

Warum du Investoren VOR dem Crowdfunding suchen solltest: Ein Gründer erzählt

Als ich selbst vor anderthalb Jahren in das Crowdfunding-finanzierte Startup Spyra investiert habe, habe ich das gemacht, noch bevor ich das fertige Produkt in den Händen halten konnte.

Dass die Spyra One in dem Jahr das erfolgreichste deutsche Crowdfunding-Projekt war, hat definitiv mein Interesse geweckt – der Markt war also da.

Aber obwohl es einen Prototypen der Hightech-Wasserpistole gab, war die sprichwörtliche Kuh zu dieser Zeit noch lange nicht vom Eis. Deshalb habe ich mich gemeinsam mit meinen technisch versierten Co-Investoren vor dem Investment erst einmal zwei Stunden mit den Gründern zusammengesetzt und eine intensive Due Diligence zur Produktionsplanung und der IP-Situation gemacht.

Warum eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne nicht unbedingt ein Investment bedeutet

Nicht jeder Investor – mich normalerweise eingeschlossen – gibt Crowdfunding-finanzierten Startups bei jedem Investment so einen Vertrauensvorschuss. Denn ein strahlender Crowdfunding-Erfolg ist nicht das Ende der Fahnenstange. Jeder Crowdfunder weiß, dass jetzt die eigentliche Arbeit erst beginnt: Das Produkt muss produziert und ausgeliefert werden. (Was passiert, wenn dieser Teil schiefgeht, erzählt Amabrush-Gründer Marvin Musialek sehr persönlich in diesem Blogpost.)

Auch das Team des Münchner Startups Mr Beam Lasers hat die Erfahrung machen müssen, dass eine enorm erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne nicht automatisch ein sicheres Ticket zum Investoren-Investment bedeutet.

Mr Beam entwickelt und verkauft einen Desktop-Lasercutter, mit dem auch ungelernte Nutzerinnen und Nutzer leicht eine Vielzahl unterschiedlicher Materialien schneiden und gravieren können. Sein erstes Lasercutter-Kit verkaufte Mr Beam Lasers 2014 erstmals über eine Kickstarter-Kampagne. 2016 launchte das Startup eine zweite Kampagne für den weiterentwickelten Lasercutter Mr Beam II, die zur zweiterfolgreichsten deutschen Crowdfunding-Kampagne bis heute wurde.

Deshalb solltest du schon vor deiner Crowdfunding-Kampagne einen Investor suchen: Ein Gründer erzählt

Teja Philipp ist Gründer und Geschäftsführer von Mr Beam Lasers. In meinem Buch Startup-Finanzierung erläutert er:

Teja Philipp, Gründer und Geschäftsführer von Mr Beam Lasers

Teja Philipp, Gründer und Geschäftsführer von Mr Beam Lasers

„Nachdem wir 2017 für den Mr Beam II auf Kickstarter knapp eine Million Euro eingesammelt hatten, begannen wir, nach einem Investor zu suchen, um unser Unternehmen bis zur tatsächlichen Auslieferung und dem regulären Markteintritt zu finanzieren.

Es stellte sich heraus, dass unsere anfängliche Erwartung, durch die erfolgreiche Kickstarter-Kampagne leicht einen Investor finden zu können, ziemlich naiv war. Investoren investieren nicht in reine Ideen, sondern zusätzlich in die gute Umsetzung und Vermarktung der Idee. Eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne ist für den Investor erst mal eine gute Idee – inklusive Beweis des Potenzials. Die eigentliche Entscheidung hängt jetzt davon ab, wie du und dein Team das Projekt umsetzen.

Und Investoren nach der Kampagne anzusprechen, ist eine Steilvorlage für sie, sich deine Aktivitäten bis zur Auslieferung erst einmal anzuschauen.

Eigentlich hatten wir hier gute Karten: Viele finanzielle Fallstricke konnten wir bei unserer zweiten Kampagne vermeiden, da wir bereits aus den Erfahrungen der ersten viel gelernt haben. Wir ließen unseren Steuerberater beispielsweise einen speziellen Deal aushandeln, um nicht sofort die gesamte Umsatzsteuer für die vermeintlichen „Einnahmen“ zahlen zu müssen und so größere Liquidität zu haben. Und wir hatten bereits vor Kampagnenstart alle Angebote mit unseren Lieferanten auf die letzte Schraube ausgehandelt. Denn unsere Erfahrung war, dass eine erfolgreiche Kampagne manche Lieferanten durchaus motiviert, einen maximalen Anteil des Kickstarter-Erfolgs absahnen zu wollen.

Dennoch spielte die Zeit in dieser Situation gegen uns, denn je länger wir brauchten, desto mehr standen wir mit dem Rücken zur Wand.

In unserem Fall kam sogar noch höhere Gewalt dazu: Durch eine plötzliche Gesetzesänderung, die unsere Zertifizierung verzögerte, verschob sich unsere Auslieferung um mehr als ein Jahr – ein Jahr, in dem die Fixkosten unseres Unternehmens weiterliefen, während wir keine Umsätze machten. So etwas kann immer passieren, und dadurch war unser Verhandlungsspielraum gegenüber dem Investor leider sehr klein.

Ich würde daher jedem raten, Investoren bereits ein halbes Jahr vor der geplanten Kampagne anzusprechen.

Mit der Idee gewinnst du ihr Interesse, mit dem Projekt „Kampagne“ demonstrierst du die Umsetzungskraft deines Teams, und am Ende kannst du deinen Crowdfunding-Erfolg dann als überzeugenden Meilenstein präsentieren. Außerdem ermöglicht dir ein Investor in der Hinterhand, bereits vor der Kampagne größer zu denken: Du kannst mehr Leute für die Unterstützerbetreuung einstellen, Partnerschaften und neue Vertriebskanäle anstoßen und gleich in größere Produktionskapazitäten investieren.“

Mehr zu Crowdfunding für dein Startup

Du möchtest mehr darüber erfahren, ob Crowdfunding für dein Startup das Richtige sein könntest und wie du eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne durchführst? In meinem Buch „Startup-Finanzierung“ findest du ein ausführliches Kapitel dazu, unter anderem mit folgenden Themen:
Startup Finanzierung - Buch-Cover

  • Was ist Crowdfunding und welche Arten von Crowdfunding gibt es?
  • Was sind die Voraussetzungen, Vorteile und Nachteile von Crowdfunding?
  • Was ist Eigenkapitalbasiertes Crowdfunding (Crowdinvesting)?
  • Was ist Kreditbasiertes Crowdfunding (Crowdlending)?
  • Was ist Crowdfunding über Initial Coin Offerings (ICOs)?

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So gelingt der Strategiewechsel („Pivot“) mit dem Startup: Ein Gründer erzählt

Die Corona-Krise hat viele Gründerinnen und Gründer gezwungen, ihr Geschäftsmodell anzupassen. Allerdings passiert es nicht nur in Krisenzeiten, dass sich die Ausrichtung eines Startups ändert. Mit neuen Erkenntnissen aus der Entwicklung und dem Feedback von Kundinnen und Kunden werden ständig neue Strategien notwendig.

Wenn der Richtungswechsel wirklich radikal ist, nennt man ihn im Startup-Jargon „Pivot“. Den Begriff hat „Lean Startup“-Entwickler Eric Ries geprägt.

In diesem Blogpost gehe ich den Fragen nach:

  • Was ist der entscheidende Erfolgsfaktor hinter einem Pivot?
  • Wie wirkt sich ein radikaler Strategiewechsel auf die Investorensuche aus?

Strategiewechsel sind nur mit einem starken Team möglich: Ein Gründer erzählt

Willem-Jan van Loon ist Gründer des Startups Beamler mit Sitz in Amsterdam und München. Beamler ist eine Plattform, die es Nutzern ermöglicht, 3D-Druckaufträge an ein weltweites Netzwerk von Druckern zu senden. Für mein Buch Startup-Finanzierung habe ich Willem-Jan zum Thema Pivot interviewt.

Der Weg zur heutigen Lösung begann vor knapp neun Jahren, als Willem-Jan im Studium eine Faszination für 3D-Druck entwickelte und über Geschäftsmodelle nachzudenken begann, die 3D-Druck mit den Möglichkeiten des Internets verbanden. So gründete er 2014 „SaveYourPrint“. Seither hat das Team bereits zweimal grundlegend die Ausrichtung des Produkts und des Unternehmens geändert.

Willem-Jan van Loon erläutert:

Willem-Jan van Loon, Gründer und Geschäftsführer von Beamler

Willem-Jan van Loon, Gründer und Geschäftsführer von Beamler

„2014 gründeten wir „SaveYourPrint“ (SYP) mit dem Plan, eine Verschlüsselungstechnik zu verkaufen, um das geistige Eigentum auf dem Weg vom Desktop zum Drucker bestmöglich zu schützen. Wir hatten ein tolles Pitchdeck und sogar Interesse von Investoren, die bereit waren, 650.000 Euro für 30 Prozent der Anteile zu investieren.

Zum Glück haben wir das Geld nicht genommen – denn gleichzeitig haben wir an der Kundenfront gemerkt, dass unser Produkt am Markt vorbei entwickelt war.

Die Traction war mittelmäßig und wir hatten mit mehreren technischen Herausforderungen zu kämpfen.

Unser Kunden-Feedback zeigte, dass der tatsächlich größte Bedarf eine Dropbox-artige Lösung für den 3D-Druck war, nach dem Prinzip „Lade deinen 3D-Druckauftrag hoch und drucke ihn anderswo“. Nachdem wir die Richtung geändert und dieses Produkt entwickelt hatten, funktionierte unser Business schon deutlich besser. Aber wir waren überzeugt, dass anderswo noch mehr Geld zu holen war.

In einem weiteren, zweiten Pivot haben wir uns daher stark auf zahlungskräftige B2B-Kunden (vor allem Automotive und Medical) fokussiert und uns das Ziel gesetzt, den gesamten Ende-zu-Ende-Prozess für den Kunden abzudecken. Unsere weltweit einzigartige Datenbank mit Daten zu über 20.000 Geräten bei 450 Druckanbietern weltweit erlaubt es uns inzwischen, Herstellern eine komplette Analyse zu geben, welche Artikel ihres Ersatzteilekatalogs durch 3D-Druck ersetzt oder ergänzt werden können. Als „Beamler“ zeigt unser Unternehmen jetzt gesundes Wachstum und konnte 2017 über eine Crowdinvesting-Kampagne 250.000 Euro einwerben.

Ich bin überzeugt, das beide Pivots nötig waren – aber sie fühlten sich an wie eine Operation am offenen Herzen.

Nur mit unserem starken Team konnten wir nach der bitteren Erkenntnis, dass wir gerade mit viel Leidenschaft und langen Arbeitstagen in die falsche Richtung gerannt sind, mit ebensolchem Schwung erneut in eine andere Richtung starten.

Dass wir diese Motivation an den Tag legen konnten, hat uns auch geholfen, den Pivot kurz vor der Finanzierungsrunde vor unseren Investoren zu erklären. Es erst nach der Runde zu erklären, dass wir die Strategie ändern wollten, wäre naturgemäß eine ziemlich unangenehme Überraschung gewesen. Den Pivot rechtzeitig zu kommunizieren und die Investoren sehen zu lassen, dass das Team voll hinter der neuen Strategie steht und hart daran arbeitet, hat sie weiter an uns glauben lassen.“

Ist ein Pivot gut oder schlecht für deine Startup-Finanzierung?

Eine spannende Studie über die Faktoren für den Erfolg oder das Scheitern von Startups liefert Startup Genome. Das Forscherteam von Startup Genome untersuchte Daten zu 3.200 Startups. Die Frage dabei war: Wie beeinflusst es die Erfolgschance des Startups, wenn das Startup entweder seine anfängliche Geschäftsidee beibehält oder alternativ seine Strategie auf dem Weg ändert?

Startup Genome kam zu dem Schluss, dass Startups, die einen großen Teil ihres Geschäfts ein- oder zweimal geändert hatten (also einen Pivot hinter sich haben), erfolgreicher waren als Startups, die ihre Strategie entweder mehr als zweimal oder gar nicht geändert hatten.

Wieso sind sie erfolgreicher? Ganz einfach: Die anfänglichen Annahmen hinter deinem Startup sind mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch. Du wirst sie anpassen müssen, sobald du mehr über deine Kunden und ihre Wünsche herausgefunden hast. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass deine anfängliche Idee ausgefeilt genug ist, um ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen.

Alle Investoren wissen das. Deswegen werden sie nicht allein von deiner Idee beeindruckt sein. Sie wollen ein Team, das so stark ist, dass es den „schlechten“ Plan A in einen erfolgreichen Plan B oder C verwandeln wird.

Mehr zu den Faktoren, nach denen Investoren Startups aussuchen

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, welche Faktoren sich positiv oder negativ auf die Beurteilung deines Startups durch Investoren auswirken, findest du in meinem Buch Startup-Finanzierung ausführliche Infos dazu. Darin geht es unter anderem um folgende Themen:Startup Finanzierung - Buch-Cover

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Wie du als Student ein Raketenunternehmen gründest (mit Daniel Metzler)

Wie du schon als Student ein Raketenunternehmen gründen kannst: Ein Gründer erzählt

Am Wochenende hat Elon Musk es geschafft: Seine Space X-Rakete hat zwei Astronauten zur ISS gebracht. Und das, obwohl er bei der Gründung des Unternehmens 2002 noch dachte, dass es maximal eine 10-prozentige Chance gäbe, mit seinem Vorhaben erfolgreich zu werden. Das war angesichts des hohen technischen Risikos eines Raumfahrtunternehmens vermutlich sogar noch optimistisch geschätzt.

Andererseits war es eben auch Elon Musk – die Gründer-Legende und Startup-Ikone. Wenn es einer schafft, dann er, oder?

Teamrisiko – das größte Risiko bei Startups aus Investorensicht

Sogar bei Startups, die ein hohes Marktrisiko und/oder ein hohes technisches Risiko mit sich bringen, sehen viele Investoren das Gründungsteam als größten Risikofaktor an. Dabei ist es egal, ob die Marktchance riesig ist und die Technologie für das Produkt existiert. Wenn du mit deinem Team nicht die erforderlichen Fähigkeiten hast, um das Vorhaben erfolgreich umzusetzen, werdet ihr in der Entwicklungs- oder Vertriebsphase scheitern oder von der Konkurrenz überholt werden, die die Marktchance besser und schneller nutzt.

Dass viele Startups an der Finanzierung durch Investoren scheitern, liegt nicht daran, dass sie die enorme Größe der Geschäftschance nicht vermitteln können. Das Problem ist, dass sie die Investoren nicht überzeugen können, dass sie – das Team – diese Chance zu Geld machen können.

Das Gegenteil von Teamrisiko – Startups, die durch ihr Team überzeugen

Auch das Gegenteil ist möglich. Ich kenne Investorinnen und Investoren, die ein Startup finanziert haben, ohne dass sie von der Marktchance überzeugt waren und obwohl sie wussten, dass es ein hohes technisches Risiko gibt. Warum? Weil sie ein starkes Team angetroffen haben, das die Ausdauer und den Antrieb hatte, den Herausforderungen des Markts und der Technologie ins Auge zu sehen und sie zu überwinden.

Elon Musk ist ein herausragendes Beispiel für die Überzeugungskraft, die eine einzelne Gründerpersönlichkeit entwickeln kann. Das ist jedoch eine Ausnahme. Im Normalfall zählt das Team als gesamtes, mit den Erfahrungen und Kompetenzen aller Mitgründerinnen und Mitgründer kombiniert.

Ein gutes Beispiel dafür, wie ein tolles Team Investoren beeindrucken kann, ist Airbnb. Paul Graham vom Y Combinator hatte Zweifel an dem Geschäftsmodell von Airbnb, aber er sah ein tolles Team, das ein Jahr lang ohne Investorengelder überlebt hatte, indem es Müsli verkauft hatte. Er glaubte, wenn sie Müsli verkaufen könnten, könnten sie alles verkaufen und so auch Airbnb zu einem Erfolg machen.

Mit glaubwürdigen Erfahrungen kannst du selbst als Student ein Raketenunternehmen gründen und finanzieren: Ein Gründer erzählt

Auch ich habe für mein Buch im Sommer 2019 einen Startup-Gründer interviewt, der das Unwahrscheinliche dank seines Teams geschafft hat.

Daniel Metzler ist Mitgründer und Geschäftsführer von Isar Aerospace, das sich der Herstellung von Trägerraketen für den Transport kleiner Satelliten widmet. Ende 2018 konnte sich das Tech-Startup eine Seed-Finanzierung im einstelligen Millionenbereich sichern. Bereits ein Jahr später schloss Isar Aerospace seine A-Finanzierungsrunde über 15 Millionen Euro ab. (Unter anderem investierte Bulent Altan, der 12 Jahre bei SpaceX arbeitete.) Die ersten Raketenstarts sind für Ende 2021 geplant.

Daniel erläutert:

Daniel Metzler, Mitgründer von Isar Aerospace

Daniel Metzler, Mitgründer von Isar Aerospace

„Unser Unternehmen ist entstanden aus dem Projekt „Cryosphere“ an der TU München, in dem ich und die meisten meiner Teamkollegen während unseres Studiums aktiv waren. Dort haben wir mehrere Raketentriebwerke mit Flüssigsauerstoff entwickelt, einem hoch performanten, aber gefährlichen Oxidator, was im universitären Rahmen einzigartig ist.

Bereits während unserer Zeit als Studierende an der TU München bekamen wir Anfragen von Unternehmen, die unser Antriebssystem kaufen wollten.

Ein Raketentriebwerk von Studenten kaufen? Das klingt natürlich erstmal seltsam. Dazu muss man wissen, dass man ein Raketentriebwerk nicht einfach so am Markt bekommen kann. Viele Systeme wurden von Staaten entwickelt oder liegen in der Hand politisch beeinflusster Unternehmen, sind also nicht oder nur für sehr viel Geld erhältlich.

Die Anfragen waren ausschlaggebend dafür, dass wir uns aus dem Studium heraus Anfang 2018 dafür entschieden haben, als Unternehmer in diesen Markt einzusteigen. Unser Ziel ist, ein Komplettsystem aus Träger und Antrieb zu entwickeln und damit Raketenstarts für Satelliten anzubieten. Das Umsatzpotenzial ist hoch, aber wir benötigen auch eine Menge Kapital: Wir schätzen, dass die Entwicklung bis zum Launch unserer ersten kommerziellen Raketen Ende 2021 etwa 100 Millionen Euro kosten wird.

Es ist uns gelungen, praktisch noch als Studenten-Projekt erst das Vertrauen der Kunden und dann auch das der Investoren zu gewinnen und eine einstellige Millionensumme einzuwerben.

Das lag meiner Einschätzung nach vor allem daran, dass wir bereits intensive Praxiserfahrungen aus dem Projekt vorweisen konnten. Dort arbeiten seit etwa fünf Jahren regelmäßig 40 Studierende an der Entwicklung von Höhenforschungsraketen, die dann auch gelauncht werden – es sind also bereits eine Menge Personenjahre in die Entwicklung geflossen!

Zugute gekommen ist uns auch die exzellente Lehre an der TU München, die zahlreiche talentierte Raumfahrtingenieure anzieht und die Studierenden auf höchstem Niveau ausbildet. Auch dass wir am Münchner Standort nahe an allen wichtigen Zulieferern sind, die ihrerseits die Projekte genau beobachten und sich oft durch Sponsoring an der Entwicklung beteiligen, hat uns enorm weitergebracht.

Für die Finanzierung waren wir wohl auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Hätten wir nur zwei Jahre später angefangen, wäre angesichts der langen Entwicklungszeit der Investment-Trend in die Raketentechnik, der sich in Europa gerade erst zögerlich entwickelt und in den USA derzeit bereits in vollem Gange ist, vermutlich an uns vorbeigezogen. Ein bisschen Glück gehört also auch dazu, wenn man ein so ehrgeiziges Gründungsprojekt verfolgt.“

Mehr zu den Kriterien, nach denen Investoren Startups aussuchen

Nicolaj und ich fragen in unserem Buch Startup-Finanzierung ganz provokant: Was könnten Gründe sein, warum du (noch) keinen Investor für dein Startup findest? In einem ausführlichen Kapitel erläutern wir diese Themen:Startup Finanzierung - Buch-Cover

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3 Wege, die Finanzplan-Folie im Pitckdeck zu ruinieren (Insider-Tipps von Investoren)

3 Wege, die Finanzplan-Folie in deinem Pitchdeck zu ruinieren

Wie viel Geld werden wir alle an deinem Startup verdienen? Die Finanzplan-Folie in deinem Pitchdeck ist entscheidend für den Erfolg deines Startups beim Investoren-Pitch.

Zwar sind insbesondere viele Business Angels nicht nur wegen des Geldes an Startup-Investments interessiert. Wenn du aber zeigen kannst, dass dein Projekt nicht nur inspirierend und spannend ist, sondern sich auch finanziell lohnt, bringt dich das bei Investoren über die Ziellinie.

Viele Gründerinnen und Gründer machen hier leider vermeidbare Fehler. Für unser Buch haben Nicolaj und ich unser Investorennetzwerk befragt. Dabei haben wir 3 typische Fehler identifiziert, die Startups in ihrem Pitchdeck unbedingt vermeiden sollten.

Fehler Nr. 1: Finanzprognosen für dein Startup aufstellen, ohne Annahmen zu nennen

Sehr verbreitet ist der klassische Hockeyschläger („Hockey Stick“) bei Finanzprognosen: „Aktuell verdienen wir kein Geld, aber in fünf Jahren werden wir steinreich sein.“

Sei realistisch. Optimismus ist toll, aber du musst in der Lage sein, deine Zahlen zu verteidigen. Wenn du behauptest, dass du in fünf Jahren 20 Millionen verdienst, musst du zeigen, wie das zu deiner Markteintrittsstrategie und dem Kapital passt, dass du von Investoren einwerben möchtest. All das muss auf deinem Budget aufbauen.

Der größte Fehler in diesem Teil ist es, deine Annahmen nicht zu nennen. Du zeigst einen hübschen Hockeyschläger, aber du erläuterst nicht die Zahl an Kunden, auf der er basiert, wie viel Geld sie zahlen, und wie du diese Kunden bekommen wirst. Die Zahlen sind dann bedeutungslos. Die Investorin oder der Investor kann schlecht beurteilen, ob sie plausibel sind oder nicht.

Unten siehst du ein positives Beispiel von MotilityCount, das sowohl das erwartete Ergebnis in Bezug auf Umsatz und Gewinn zeigt als auch die zugrundeliegenden Schlüsselfaktoren und Annahmen.

Finanz-Slide: Beispiel MotilityCount

Finanzplan-Folie: Beispiel MotilityCount

Fehler Nr. 2: Hyperpräzise langfristige Finanzvorhersagen für dein Startup machen

Søren Jessen Nielsen, ehemaliger Partner zweier VC-Fonds, formuliert es so:

Soren Jessen Nielsen

Soren Jessen Nielsen, ehemaliger VC-Investor

„Du solltest vermeiden, langfristige Finanzvorhersagen zu machen, die auf die letzte Stelle präzise sind: „In 2022 wird unser Umsatz 4.213.452 Euro mit einem Gewinn von 256.714 Euro betragen.“

Niemand wird solche Berechnungen ernst nehmen, und sie zeigen mangelndes Verständnis von Finanzvorhersagen in Startups mit einem extremen Grad an Unsicherheit.

Konzentrier dich stattdessen auf das übergreifende Geschäftsmodell mit ein paar unterschiedlichen Szenarien dafür, wie unterschiedlich großer Erfolg und hohes Wachstum die zukünftigen Finanzen aussehen lassen. Sei bei deinen Erwartungen ehrlich, aber selbstbewusst, und denk dran, auch die möglichen Probleme des Business Case aus finanzieller Sicht anzusprechen.

Behalt im Kopf, dass VC-Partner einen sehr empfindlichen Bullshit-Filter entwickelt haben, nachdem sie Tausende Pitches von Startups gehört haben.

In der Lage zu sein, sowohl die positiven Aussichten als auch die Herausforderungen zu kommunizieren, wird dir im Vergleich zu anderen Unternehmen mit Slides voller Bullshit und Buzzwords eine Menge Glaubwürdigkeit bringen.“

Die folgende Version einer Finanzplan-Folie stammt von Recon Instruments. Sie zeigt zwar lobenswerterweise einige der Annahmen für die Umsatztreiber (siehe Fehler Nr. 1), aber bei den Nachkommastellen für die Folgejahre hätten die Gründer einen Gang herunterschalten können…

Finanz-Slide: Beispiel Recon Instruments

Finanzplan-Folie: Beispiel Recon Instruments

Fehler Nr. 3: Im Pitchdeck überhaupt keine Zahlen nennen

Niels Henrik Rasmussen, Seriengründer und Business Angel, sagt:

Niels Henrik Rasmussen

Niels Henrik Rasmussen, Seriengründer und Business Angel

„Natürlich bist du von deiner Vision, der übergreifenden Markthypothese und der Nachfrage nach deinem Produkt getrieben, aber du musst Zahlen in deinen Pitch aufnehmen!

Erkläre deine Überlegungen und die zugrundeliegenden Annahmen darüber, wie du dein Geschäft weiterentwickeln willst und wie das deine Zahlen beeinflusst.

Mir sind die Unsicherheiten bei solchen Vorhersagen völlig bewusst.

Und ich weiß, dass sich die Schätzwerte wahrscheinlich ändern werden, aber du musst dein Bestes geben.

Wie soll ich beurteilen, ob dein Geschäftsmodell plausibel ist oder nicht, wenn du mir keine Zahlen geben kannst?“

Mehr zu Investoren-Pitch und Pitchdecks

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie du das optimale Pitchdeck zusammenstellst und welche Unterlagen du sonst noch bei der Investorensuche brauchst, findest du in meinem Buch Startup-Finanzierung ein ausführliches Kapitel dazu. Darin geht es unter anderem um folgende Themen:
Startup Finanzierung - Buch-Cover

  • Welche Inhalte müssen in meinem Pitchdeck enthalten sein?
  • Wie sollte das Pitchdeck aussehen?
  • Echte Pitchdecks, die funktioniert haben – 6 Beispiele
  • Deine Pitch-Präsentation

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Bootstrapping - Eigenes Geld ausgeben statt rechtfertigen (Freya Oehle)

Warum Bootstrapping? (#2) – Eigenes Geld ausgeben statt rechtfertigen

Bootstrapping als Alternative zu Investoren oder anderen Kapitalgebern hat mehrere Vorteile für Startups.

In meinem letzten Post hat Lin Kayser von Hyperganic berichtet, wie sein Startup Hyperganic von der dafür erforderlichen Marktnähe profitiert.

Bootstrapping hat aber auch noch einen zweiten Vorteil für Gründerinnen und Gründer, der nicht zu unterschätzen ist. Das ist die Entscheidungsfreiheit.

Investoren sitzen bei Entscheidungen immer mit am Tisch

Es kommt selten vor, dass Investoren dir Geld geben und dir sagen: „Viel Erfolg! Melde dich einfach beim Exit!“. Weil es ihr Geld ist, lassen Investorinnen und Investoren sich im Normalfall zumindest ein gewisses Mitspracherecht an deinem Unternehmen zusichern. Das kann in den Anteilen verankert sein (weil sie eine Sperrminorität an deinem Unternehmen haben) oder auch in den Beteiligungsverträgen.

Idealerweise suchst du dir natürlich Investorinnen und Investoren aus, deren Meinung und Input du schätzt und die du gerne zu deinen Gesellschafterversammlungen einlädst.

Du kannst jedoch immer in Situationen gelangen, in denen du lieber alleine entscheiden würdest – sei es nur, weil schnell eine wichtige Entscheidung her muss, du aber nicht so kurzfristig alle Investoren versammeln kannst. Und mit mehr Leuten am Tisch tendiert jede noch so produktive Diskussion dazu, langwieriger zu werden.

Worst Case: Du gibst deine unternehmerische Entscheidungsfreiheit an Investoren ab

Schlimmer noch ist es, wenn deine unternehmerischen Ansichten und die deiner Investorinnen und Investoren darüber auseinandergehen, welche Strategie dein Startup zukünftig verfolgen soll.

Für mein Buch habe ich mehrere Startups interviewt, bei denen die Zusammenarbeit mit Investoren aus verschiedenen Gründen nicht gut funktioniert hat:

  • Diese Gründe können in der Person der Investorin oder des Investors liegen – wenn du etwa einen Business Angel erwischt hast, der nicht hilfreich ist und dich nur Zeit und Nerven kostet.
  • Oder die Probleme entstehen aus der Natur des Investors – wenn du einen VC-Fonds an Bord hast, der dein Unternehmen mit aller Kraft in Richtung Exit schiebt.
  • Oder wenn dein Startup durch eine Crowd finanziert wird – die Unterstützer würden bei einer grundlegenden Änderung der Produktausrichtung (im Startup-Jargon „Pivot“) auf die Barrikaden gehen.

Der Seriengründer Lin Kayser sagt dazu aus eigener Erfahrung:

Lin Kayer, Seriengründer und Geschäftsführer von Hyperganic

Lin Kayer, Seriengründer und Geschäftsführer von Hyperganic

„Mit einem VC-Fonds an Bord entsteht immer auch ein Kontrollverhältnis. Bei manchen VCs hatte ich das Gefühl, sie wären eigentlich am liebsten selber CEO gewesen. Mit einem VC-Investment kann es sein, dass du das Schlimmste aus dem Angestelltendasein und dem Unternehmertum kombinierst: Du gibst deine Entscheidungsfreiheit ab und hast trotzdem den Stress als Unternehmer!

Maximale Entscheidungsfreiheit behalten oder den Wachstums-Turbo einlegen?

Vielleicht ist aber auch alles gut mit deinen Geldgebern – und dir gefällt es trotzdem nicht, dir in deine Entscheidungen hineinreden zu lassen! Entscheidest du lieber selbst (zusammen mit deinem Kernteam)? Oder hilft es dir, bei wichtigen Entscheidungen andere mitsprechen zu lassen? Das ist zu einem großen Teil auch eine Frage deiner persönlichen Vorlieben und Einstellungen.

Manche Gründerinnen und Gründer fühlen sich allein durch den Gedanken, dass jemand ihnen sein Geld in der Erwartung gegeben hat, dass sie es vervielfachen werden, psychologisch unter Druck gesetzt. Sie denken, sie müssen jede Entscheidung rechtfertigen. Insbesondere, wenn zum Investor ein persönliches Verhältnis besteht oder durch die Zusammenarbeit entstanden ist, möchten sie diese Person oder Institution nicht enttäuschen.

Anderen Gründerinnen und Gründern geht es umgekehrt: Ihnen gibt das externe Kapital erst die Freiheit, wirtschaftlich und gewinnbringend mit Geld umzugehen – anders als mit dem eigenen Geld, das sie möglicherweise äußerst risikoavers und sparsam ausgeben.

Wir merken erst jetzt, wie viel Druck wir hatten: Eine Gründerin erzählt

Freya Oehle ist Mitgründerin von Dreitausendsassa, einem Hamburger Startup, das datenbasierte Software für andere Startups entwickelt. Zuvor hatte sie mit ihrem Mitgründer und vier Investoren das Preisportal Spottster gegründet.

In meinem Buch Startup-Finanzierung erläutert Freya:

Freya Oehle, Gründerin und Geschäftsführerin von Dreitausendsassa

Freya Oehle, Gründerin und Geschäftsführerin von Dreitausendsassa

„Nachdem wir unser erstes Startup Spottster freiwillig aufgegeben hatten, bekamen mein Mitgründer und ich direkt das Angebot zweier unserer alten Investoren, wieder in unser Team zu investieren, sollten wir ein neues Unternehmen gründen.

Wir hätten also kein Problem gehabt, eine Finanzierung für ein neues Vorhaben zu finden.

Als wir mit 3tausendsassa einige Zeit später das zweite Mal gründeten, haben wir uns dennoch entschieden, den Aufbau unseres Unternehmens diesmal selbst zu finanzieren.

Wir sind wirklich nicht Investoren-avers – insgesamt haben wir sehr gute Erfahrungen mit unseren bisherigen Investoren gemacht. Dennoch merken wir den Unterschied deutlich.

Heute ist alles Geld, was wir ausgeben, unser eigenes Geld.

Erst dadurch ist uns bewusst geworden, was das für ein ständiger unterbewusster Druck war, jede Entscheidung und jedes Ergebnis genau darlegen und erklären zu müssen.“

Mehr zu Bootstrapping für Startups

Auf meiner Ressourcen-Seite habe ich einen Vortrag zum Thema Bootstrapping veröffentlicht, in dem weitere Gründerinnen und Gründer zu Vor- und Nachteilen dieser Finanzierungsform zu Wort kommen.

Noch mehr Insider-Tipps zum Bootstrapping findest du in meinem Buch „Startup-Finanzierung“. Darin habe ich ein vollständiges Kapitel zum Thema geschrieben, unter anderem mit folgenden Aspekten:

  • Willst du das Geld wirklich? Jetzt?
    Startup Finanzierung - Buch-Cover
  • Wann der richtige Zeitpunkt für ein Investment ist
  • Wie dein Startup ohne externes Kapital startet und wächst
  • Vorteile und Fallstricke der Innenfinanzierung

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Bootstrapping - Organisch wachsen statt Luftschlösser bauen (Lin Kayser)

Warum Bootstrapping? (#1) – Organisch wachsen statt Luftschlösser bauen

Bootstrapping – der Aufbau eines Unternehmens ohne Geld von Investoren oder anderen Kapitalgebern – ist wahrscheinlich die unterschätzteste Finanzierungsform für junge Startups.

Natürlich investieren viele Gründerinnen und Gründer ihr eigenes Geld in ihr Startup. Mit Bootstrapping meine ich aber in diesem Fall noch etwas anderes: Bootstrapping als Innenfinanzierung.

Bei dieser Art von Bootstrapping geht es darum, echte Umsätze aus ersten Aufträgen für den Aufbau seines Startups zu verwenden. Das ist eine sehr interessante Alternative zu Investoren.

Mit Bootstrapping wächst dein Startup nah am Markt

Wenn du darauf angewiesen bist, dass deine Kundinnen und Kunden für dein Produkt zahlen, damit dein Unternehmen überlebt, hast du ein wichtiges Interesse: Dein Produkt muss so nützlich sein, dass sie dafür zahlen wollen!

Dieser Kundenfokus, den die Finanzierung aus dem operativen Geschäft zwangsweise mit sich bringt, verringert eine Gefahr deutlich: Du arbeitest jahrelang an einem Produkt, das vielleicht sogar ein paar Startup- und Innovationspreise gewinnt, das am Ende aber niemand wirklich haben will.

Bootstrapping verbessert dein Produkt

Auch dein Produkt selbst wird durch die Zusammenarbeit mit Kunden besser. Wenn du bereits früh mit Kundinnen und Kunden zusammenarbeitest, lernst du viel mehr über ihre tatsächlichen Probleme. Du kannst dann aktiv daran arbeiten, ein Produkt zu entwickeln, das diese drängenden Probleme wirklich löst. Und du sparst dir Zeit und Geld für die Entwicklung von Features, die dir zwar cool erscheinen, deine Kunden aber möglicherweise gar nicht interessieren.

Natürlich ist es auch mit einer externen Finanzierung möglich, nah am Kunden zu arbeiten. Wenn du erst einmal einen Haufen Geld auf dem Konto hast, ist die Versuchung allerdings erfahrungsgemäß größer, mit dem Investorengeld doch noch ein paar Monate im Labor zu arbeiten. Denn du möchtest dein Produkt noch „perfekter“ machen, bevor du es dem ersten Kunden präsentierst.

Organisch wachsen statt Luftschlösser bauen: Ein Seriengründer erzählt

Lin Kayser macht seit 25 Jahren als Unternehmer das technisch Unmögliche möglich: angefangen mit der Einführung von PCs in die industrielle Steuerungstechnik der 1990er Jahre über die Digitalisierung von Hollywood bis hin zu seinem aktuellen Startup Hyperganic, das er 2017 mitgründete. Hier entwickelt er ein Software-Ökosystem, das mittels intelligenter Algorithmen die Zukunft der Produktion verändern soll.

Für mein Buch Startup-Finanzierung habe ich Lin gefragt, was er von Bootstrapping hält und was für ihn der größte Vorteil daran ist, sein Unternehmen ohne Investoren aufzubauen. Er erläutert:

Lin Kayser, Seriengründer und Geschäftsführer von Hyperganic

Lin Kayser, Seriengründer und Geschäftsführer von Hyperganic

„Auch wenn nicht jeder einen Haufen Geld auf der hohen Kante hat oder sein Produkt im Wohnzimmer entwickeln kann:

Bei den meisten Geschäftsmodellen ist Bootstrapping relativ einfach.

Du bekommst 20 bis 30 Prozent Vorschuss vom Kunden oder arbeitest mit mehreren kleinen Kunden zusammen. Man muss allerdings immer vorsichtig sein, dass man vor lauter „Organisch wachsen“ nicht zurück fällt. Manche Dinge brauchen Kapital, und das muss dann eben von außen kommen.

Es hat natürlich Nachteile, sich durch laufende Aufträge organisch zu finanzieren. In gewisser Weise musst du dann kurzfristig agieren, statt dich auf die strategische Entwicklung zu konzentrieren. Aber die Kundenorientierung zeigt dir auch, ob dein Geschäftsmodell sinnvoll oder eine Lüge ist!

Während wir mit Hyperganic noch nach VC-Geld suchten, entfernten wir uns immer weiter von dem Markt und der Realität.

Stattdessen verbrachten wir ein Jahr damit, die Braut hübsch zu machen, indem wir Preise einsammelten und große Unternehmen als „Pilotpartner“ akquirierten, nur um ihre Logos auf unser Pitchdeck zu stellen.

Das sehe ich inzwischen sehr oft: Dass Startups mit großen Finanzierungsrunden und einer aufgeblähten Unternehmensbewertung prahlen, aber sehr spät mit dem eigentlichen Geldverdienen anfangen.“

Mehr zu Bootstrapping für Startups

Auf meiner Ressourcen-Seite habe ich einen Vortrag zum Thema Bootstrapping veröffentlicht, in dem weitere Gründerinnen und Gründer zu Vor- und Nachteilen dieser Finanzierungsform zu Wort kommen.

Noch mehr Insider-Tipps zum Bootstrapping findest du in meinem Buch „Startup-Finanzierung“. Darin habe ich ein vollständiges Kapitel zu Thema geschrieben, unter anderem mit folgenden Aspekten:

  • Willst du das Geld wirklich? Jetzt?
    Startup Finanzierung - Buch-Cover
  • Wann der richtige Zeitpunkt für ein Investment ist
  • Wie dein Startup ohne externes Kapital startet und wächst
  • Vorteile und Fallstricke der Innenfinanzierung

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Wann ist der richtige Zeitpunkt für externes Kapital (Hanno Renner)

Wann der richtige Zeitpunkt ist, Kapital aufzunehmen: Ein Gründer erzählt

In meinem letzten Blogpost habe ich die Frage gestellt: Willst du das Investment wirklich? Denn jedes Investment kommt mit dem Preis der Verwässerung.

Wenn du dich entschieden hast, dass ein Investment dein Startup weiterbringen wird, bleibt aber noch eine zweite Frage: Wann willst du das Investment? Wann ist der richtige Zeitpunkt, um Geld von Investoren aufzunehmen?

Wenn du dir nicht genau überlegst, wie viel Geld dein Startup wirklich benötigt, passiert es dir mit hoher Wahrscheinlichkeit bei deiner nächsten Finanzierungsrunde, dass du entweder zu viel oder zu wenig Geld aufnimmst. Und das bringt Probleme mit sich.

Zu frühes Investment: Risiko einer zu hohen Verwässerung

Wir kennen einige Gründerinnen und Gründer, die es bereut haben, früh Investoren aufzunehmen. Denn im Rückblick hätten sie es länger aus eigener Kraft geschafft. Sie wissen inzwischen, welche riesigen Sprünge der Wert ihres Startups macht, wenn sie neue Meilensteine erreichen.

Während der Wert einer Idee praktisch Null ist, schießt er wie eine Rakete nach oben, wenn das Startup ein Team rekrutiert hat, einen Prototypen gebaut hat, ein Produkt herausbringt, Umsätze macht und beginnt, schnell zu wachsen.

Ein Beispiel hierfür ist die unten dargestellte Entwicklung der Unternehmensbewertung von Recon Instruments. Recon Instruments war ein 2007 gegründetes Startup aus Vancouver, das 2015 an Intel verkauft wurde. Die Idee war es, Elektronik mit Sportausrüstung zu kombinieren, etwa in Schwimmbrillen, Skibrillen und Sonnenbrillen mit eingebautem Head-up-Display (HUD). Die Bewertung in den verschiedenen Unternehmensphasen stieg stetig an, nachdem das Startup jeweils neue Meilensteine erreicht hatte.

Bewertung von Recon Instruments über die Zeit

Bewertung von Recon Instruments über die Zeit

Die ersten Investments, die du aufnimmst, sind sehr teuer, da der Wert deines Unternehmens niedrig ist. Du wirst also einen großen Teil deines Unternehmens für relativ wenig Geld abgeben müssen, wenn du früh Investoren aufnimmst. Und wenn du zu früh zu viel Geld aufnimmst, hältst du am Ende vielleicht nur noch einen kleinen Bruchteil deines Unternehmens, wenn es zum Unternehmensverkauf (Exit) kommt. Diese Verwässerung beeinflusst nicht nur deinen finanziellen Ertrag, sondern auch deine Möglichkeiten, das Unternehmen zu steuern.

Zu spätes Investment: Risiko für dein Unternehmen

Die Medaille hat aber auch eine andere Seite. Es ist mindestens genauso gefährlich für dein Unternehmen, wenn du zu wenig Kapital aufnimmst. Denn eine Finanzierungsrunde beansprucht einen beachtlichen Anteil deiner Management-Kapazität.

Gründerinnen und Gründer unterschätzen immer wieder, dass es in der Regel mindestens sechs Monate dauert, eine Finanzierungsrunde vorzubereiten und abzuschließen. Die Zeit, die du für die Suche nach Investoren, deren Ansprache und die Verhandlungen aufwendest, fehlt dir für die Weiterentwicklung deines Produkts, den Aufbau deines Teams oder die Akquise deiner Kunden.

Nimmst du zu wenig Geld auf, musst du gleich nach der Kapitalaufnahme schon wieder mit der Investorensuche für die nächste Runde beginnen – ohne dass du Zeit hast, in der Zwischenzeit an deinem Kerngeschäft zu arbeiten.

Das gefährdet nicht nur dein Unternehmen insgesamt, sondern verhindert auch, dass du in der Zwischenzeit Meilensteine erreichst, die den Wert des Unternehmens steigern und dir bessere Konditionen für die nächste Runde ermöglichen.

Ein Gründer rät: Sammle Kapital erst dann ein, wenn es für dein Unternehmen einen Unterschied macht

Der richtige Zeitpunkt, um Kapital aufzunehmen, ist also keine festgelegte Zahl – etwa: nach einem Jahr – sondern eine strategische Überlegung.

Für mein Buch Startup-Finanzierung habe ich Hanno Renner, Gründer und Geschäftsführer des erfolgreichen HR-Software-Startups Personio, zu seiner Finanzierungsstrategie gefragt. Das 2015 gegründete Startup bietet eine Software für Personalmanagement und Recruiting für kleine und mittelständische Unternehmen. In seiner C-Finanzierungsrunde hat Personio Anfang des Jahres 75 Millionen US-Dollar aufgenommen, unter anderem von dem internationalen VC-Fonds Accel.

Hanno Renner rät Gründerinnen und Gründern:

Hanno Renner, Gründer und Geschäftsführer von Personio

Hanno Renner, Gründer und Geschäftsführer von Personio

„Natürlich haben wir bei unserer Finanzierungssuche davon profitiert, dass unser SaaS-Unternehmen für VC-Fonds gerade sehr attraktiv war. Die Börsengänge von Slack und Zoom zeigen, wie viel Wert in dem Bereich generiert werden kann, und das Geschäftsmodell mit seinen wiederkehrenden, stabilen Umsätzen ist gut planbar. Außerdem sind wir schnell gewachsen: Unsere Umsätze hatten sich jedes Jahr bereits verdrei- oder vierfacht.

Mein Rat an Gründerinnen und Gründer ist dennoch: Sammle Kapital nicht dann ein, wenn du kannst, sondern dann, wenn du damit etwas anders machen kannst.

Zum Beispiel, wenn du dein Wachstum damit noch mehr beschleunigen kannst. Ein halbes Jahr vor unserer Seed-Runde hätte uns mehr Geld gar nichts gebracht: Wir mussten erst einmal unseren eigenen Business Case entwickeln und uns mit dem eigenen Geschäft vertraut machen. Da wollten wir niemanden, der uns reinquatscht.“

Mehr zur Finanzierungsstrategie für Startups

Wenn du noch mehr Insider-Tipps zur Finanzierungsstrategie für dein Startup suchst, findest du in meinem Buch „Startup-Finanzierung“ mehrere ausführliche Kapitel dazu. Unter anderem zu folgenden Themen:

  • Braucht dein Startup wirklich externes Kapital?
    Startup Finanzierung - Buch-Cover
  • Wann der richtige Zeitpunkt für ein Investment ist
  • Wie dein Startup ohne externes Kapital startet und wächst
  • Wie viel dein Startup wert ist

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Verwässerung - Willst du das Investment wirklich?

Über große und kleine Kuchen (oder: Willst du das Investment wirklich?)

Bei der Startup-Finanzierung dreht sich oft alles um die Frage „Wie komme ich an ein Investment für mein Startup?“. Auch in meinem Buch geht es in der Mehrzahl der Kapitel darum, wie Gründerinnen und Gründer es schaffen, Geldgeber von ihrem Startup zu überzeugen.

Ganz zu Anfang meines Buches stelle ich jedoch eine andere Frage: Willst du das Investment wirklich?

Warum ist es so wichtig, diese Frage zu stellen?

Jedes Investment hat seinen Preis

Auch wenn Investoren dein Startup schon früh als das nächste große Ding feiern und du die Chance hast, viel Geld einzuwerben: Externes Kapital wird dir nie geschenkt, sondern hat seinen Preis.

In jedem Fall wird es dich Zeit und Mühe kosten, ein Investment einzuwerben, eine Förderung zu beantragen oder eine Crowdfunding-Kampagne zu organisieren. Langfristig am entscheidendsten ist jedoch: Bei den meisten Finanzierungsformen wirst du Anteile an deinem Unternehmen für das Investment abgeben müssen.

Je mehr Geld du aufnehmen willst und je früher du Geld aufnimmst, desto mehr Unternehmensanteile musst du verkaufen.

Verwässerung – der Preis von Investments in verschiedenen Phasen

Das Beispiel unten verdeutlicht eine typische Verwässerung der Anteile in einem Unternehmen, das von den üblichen Verdächtigen in verschiedenen Phasen Kapital bekommt.

Es beginnt damit, dass du Anteile an eine Mitgründerin oder einen Mitgründer abgibst und Freunde, Business Angels und Acceleratoren in dein Unternehmen investieren. Als nächstes vergibst du Anteile an deinen ersten Angestellten und weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (über einen Anteilspool). Schließlich bekommst du ein riesiges Investment von einem lokalen Venture Capital-Fonds (VC-Fonds), und später noch ein weiteres von einem internationalen VC-Fonds. Am Ende hältst du nur noch 17 deiner ursprünglichen 100 Prozent Anteile an deinem Unternehmen.

Verwässerung eines Startups durch Investments

Verwässerung eines Startups

Lohnt es sich, mit Investments deinen Startup-Kuchen zu vergrößern?

Lohnt es sich, statt 100 Prozent eines sehr kleinen Kuchens nur noch 17 Prozent eines (hoffentlich) großen Kuchens zu behalten?

Das hängt von deiner spezifischen Situation ab und davon, was du wirklich mit deinem Startup erreichen willst. Ist es dir wichtiger, dein Unternehmen selbst steuern zu können, selbst wenn es nur ein kleines ist, als es zu einem weltweiten Marktführer zu machen? Dann solltest du diesen Weg sicher nicht gehen!

Aber wenn du ein Startup hast, das Kapital braucht, um zu wachsen oder schnell genug zu wachsen, sind VC-Fonds und andere Arten von Investoren möglicherweise genau das, was du brauchst!

Du solltest dich fragen:

  • Brauchen wir das Geld wirklich?
  • Wird das Geld wirklich einen riesigen Unterschied für unser Unternehmen machen – oder könnten wir unsere Ziele auch ohne erreichen?
  • Und wenn wir Geld brauchen, brauchen wir es jetzt oder kann das auch bis später warten?

Ein gut gehütetes Geheimnis: Nicht immer ist der größere Kuchen der bessere

Eine in der Startup-Welt oft ignorierte Tatsache ist: Oft ist das innovative Dienstleistungsunternehmen, über das Gründerszene oder TechCrunch niemals berichten werden, für dich als Gründerin oder Gründer deutlich lukrativer als das riesige, weltweit gehypte Produkt-Startup. Denn das kann nicht ohne externes Kapital abheben. So bist du gezwungen, einen Großteil deines Unternehmens an Investoren zu verkaufen, um überhaupt zum Ziel zu kommen. Den Gewinn beim Verkauf dieses nach außen hin riesigen Kuchens streichen dann größtenteils andere ein.

Dein Kuchen mag zwar kleiner sein, aber gehört er dir zu 100 Prozent, stehst du beim Verkauf möglicherweise sogar besser da.

Wie Rand Fishkin, Gründer des erfolgreichen SEO-Software-Unternehmens Moz und Autor des Buches Lost and Founder sagt:

„Wenn alles glatt geht, könntest du dir am Ende ein zusätzliches Batmobil oder zwei leisten!“

Mehr zur Finanzierungsstrategie für Startups

Wenn du noch mehr Insider-Tipps zur Finanzierungsstrategie für dein Startup suchst, findest du in meinem Buch „Startup-Finanzierung“ mehrere ausführliche Kapitel dazu. Unter anderem zu folgenden Themen:

  • Braucht dein Startup wirklich externes Kapital?
    Startup Finanzierung - Buch-Cover
  • Wann der richtige Zeitpunkt für ein Investment ist
  • Wie dein Startup ohne externes Kapital startet und wächst
  • Wie viel dein Startup wert ist

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